Geschichte der Sammlungen

Der Grundstock des Sammlungsbestands der Westböhmischen Galerie in Pilsen entstand durch die Zusammenlegung mehrerer älterer historischer Bestände und seine Entstehung hängt bereits mit den ersten Bemühungen um die Gründung einer öffentlichen musealen Sammlung zusammen. Die Absicht, in Pilsen ein städtisches Museum zu errichten, wurde bereits im Jahr 1847 von Professor Josef Stanislav Zauper (1784–1850) verfolgt, dem späteren Direktor des Prämonstratenser-Gymnasiums in Pilsen, einem Patrioten und Freund Johann Wolfgang Goethes, der auch Lehrer von Bedřich Smetana an dem genannten Gymnasium war. Das Interesse an der bildenden Kunst hatte Zauper von seinem Vater Josef Zauper (1743 – nach 1809) geerbt, der zu seiner Zeit ein bedeutender Maler und Restaurator war. Grundstock des Bestands des geplanten Museums hätten die Sammlungen der Stadt und des Gymnasiums sein sollen. Die Verwirklichung dieser Idee gelang erst im Jahr 1878 mit der Errichtung des Allgemeinen Museums für die Stadt Pilsen und das westliche Böhmen dank dem Verein der Freunde der tschechischen Literatur und Wissenschaft in PIlsen. Dieses Museum wurde im Jahr 1888 in zwei selbständige Institutionen geteilt: in das Städtische historische Museum und das Westböhmische kunstgewerbliche Museum.
Ein weiterer Pilsener Sammlungsbestand, der insbesondere für die spätere Gemäldesammlung der Westböhmischen Galerie in Pilsen von Bedeutung war, entstand vom Jahr 1910 an auf Initiative des damals gegründeten Vereins der Freunde der bildenden Kunst in Pilsen. Seine Tätigkeit konzentrierte sich neben der Organisierung des örtlichen künstlerischen Lebens auf den Ankauf von Kunstwerken mit dem Ziel, in Pilsen eine städtische Galerie zu gründen, die hier zu diesem Zeitpunkt noch fehlte. In die Kunstkommission des Vereins, „… die dem Ausschuss Vorschläge und Gutachten für den Ankauf von Kunstwerken zu erstellen“ hatte, wurden Prof. Augustin Němejc und der Direktor des Kunstgewerblichen Museums Josef Škorpil gewählt. Nach den Statuten wurden die „vom Verein zu errichtende Sammlung als Gesamtheit wie auch alle einzelnen Kunstwerke Eigentum der Kommunalgemeinde Königliche Stadt Pilsen und auf Dauer der öffentlichen Nutzung gewidmet.“ Die Ankäufe konzentrierten sich auf „… Werke der tschechischen bildenden Kunst unter besonderer Berücksichtigung dessen, dass die Sammlungen des Vereins in Zukunft ein Abbild des künstlerischen Schaffens der Künstler aus Pilsen und aus Westböhmen bieten sollen.“ Dieser so einfach formulierten Zielsetzung entspricht im Großen und Ganzen auch heute noch das Akquisitionsprogramm der Westböhmischen Galerie in Pilsen. Aus den Akquisitionen dieses Vereins stammt eine Reihe von bedeutenden Werken in den Sammlungen der Galerie, wie das Gemälde Heiliger Josef von Petr Brandl, das Historienbild Kommunion unter beiderlei Gestalt von Václav Brožík oder der farbige Entwurfskarton der Lünette Žalov für das Foyer des Nationaltheaters von Mikuláš Aleš. Die Öffentliche städtische Gemäldegalerie der königlichen Stadt Pilsen wurde an der Jahreswende 1912/1913 in einem neu geschaffenen Saal mit Oberlicht im dritten Geschoss des Pilsener Rathauses installiert (heute finden in diesem Saal die Sitzungen der Vertretungskörperschaft der Stadt Pilsen statt). Der Verein betrieb die Gemäldegalerie bis Ende 1950, als er durch Erlass des Amtes für Staatssicherheit, Abteilung für Vereinsangelegenheiten, aufgelöst wurde. Das Vermögen des Vereins und die Verwaltung der Gemäldegalerie gingen an die Stadt über.
Im Jahr 1948 wurden alle bisherigen Pilsener Museen zu einer einzigen Institution zusammengeschlossen – dem Westböhmischen Museum in Pilsen. Ein Teil des Bestands an Kunstwerken wurde im Jahr 1953 in die neu errichtete Westböhmische Galerie in Pilsen (1954) überführt. Mit ihm wurden in die Sammlungen der Galerie auch der Bestand der einstigen Öffentlichen städtischen Gemäldegalerie und die Gemäldesammlung der einstigen Pilsener Bank eingegliedert. Der ursprüngliche Bestand der Kunstsammlung der Galerie entstand also durch die Verschmelzung von Sammlungen oder Sammlungsteilen von Institutionen, die seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in Pilsen tätig waren.
Das Profil dieses Grundbestands wird bestimmt durch eine umfangreiche und qualitätvolle Kollektion von Malerei und Zeichnungen der führenden tschechischen Künstler des 19. und des Beginns des 20. Jahrhunderts und eine zahlenmäßig bescheidenere Kollektion von alter Kunst, d. h. von mittelalterlicher und barocker Malerei und Plastik (z. B. die Madonna von Dýšina aus der Werkstatt des Meisters der Madonna von Michle, die Tafel mit der Assumpta, dem hl. Wenzel und dem hl. Adalbert vom Meister des Altars von Vejprnice, die Votivtafel des Kašpar Kašpárek vom Meister I. W., die Statuengruppe Mariä Verkündigung von Matthias Bernhard Braun u. a.).
Der erste Direktor der Galerie Oldřich Kuba (1954–1985) besaß einen außergewöhnlichen Sinn für die Qualität von Kunstwerken und ein hervorragende Organisationstalent. Zunächst konzentrierte er sich auf die Erweiterung des Bestands an nationaler Kunst des 19. Jahrhunderts, um das Jahr 1960 jedoch wurde seine Aufmerksamkeit von der tschechischen Vorkriegskunst und der modernen Kunst der Zwischenkriegszeit gefesselt, besonders von der Persönlichkeit Bohumil Kubišta. Kuba knüpfte Kontakte zu Künstlern sowie den Familien und Freundeskreisen von Künstlern, die Werke führender Vertreter der tschechischen Moderne besaßen. Dank seinem energischen Bemühen gelang es ihm, diesen Eigentümern große oder kleinere Kollektionen von Arbeiten der bedeutendsten Vertreter der tschechischen Moderne abzukaufen, so Arbeiten von Bohumil Kubišta, Emil Filla, Václav Špála, Otto Gutfreund, Jan Zrzavý oder Josef Čapek. In Kubas Wirkungszeit erwarb die Westböhmische Galerie auch weitere außergewöhnliche Exponate, die zu den Schlüsselwerken der tschechischen Kunst der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gehören (z. B. das Triptychon Frühling von Jan Preisler).
Die zweite Leitung der Galerie, Direktorin Jana Potužáková (1985–2007), knüpfte an die Akquisitionstätigkeit ihres Vorgängers an und erweiterte weiterhin systematisch den Bestand an Kunst des 19. und des Beginns des 20. Jahrhunderts. Zugleich konzentrierte sie sich auf die Ergänzung des Sammlungsbestands aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach dem Fall des totalitären Systems gelang es in den 1990 Jahren, die Kollektion der Kunst der 1960 Jahre zu ergänzen, in der beispielsweise Vladimír Boudník, Jiří John, Jiří Kolář, Radoslav Kratina, Kamil Linhart, Zbyněk Sekal, Adriena Šimotová, Aleš Veselý und andere vertreten sind.
Der gegenwärtige, im Dezember 2007 ernannte Direktor der Galerie Roman Musil geht in seiner Akquisitionskonzeption von einer Analyse des Sammlungsprofils der Institution aus. Dabei wurden einige wichtige schöpferische Ausdrucksweisen und Richtungen der tschechischen Kunst des 20. Jahrhunderts festgestellt, die in der Sammlung nur fragmentarisch vertreten waren. Grundlegender Parameter ist der hohe künstlerische Wert oder die wissenschaftliche Attraktivität eines angebotenen Werkes, die Akquisitionen erfassen dabei neben der tschechischen Kunst auch Werke nichttschechischer mitteleuropäischer Autoren. Systematisch wird weiterhin die qualitativ ausgewogene Sammlung der mit der Region verbundenen bedeutenden Künstler ergänzt.
Der Sammlungsbestand der Westböhmischen Galerie in Pilsen zählt gegenwärtig an die 10 000 Kunstwerke. Er umfasst Sammlungen von Malerei, Bildhauerei und Grafik, die sich chronologisch in mehrere Komplexe gliedern lassen (Sammlung alter Kunst vom 14. bis 18. Jahrhundert / Sammlung von Kunst des 19. Jahrhunderts / Sammlung von Kunst der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert / Tschechische Moderne / Tschechische Kunst der Zwischenkriegszeit / Tschechische Kunst der 1940er und 1950er Jahre / Tschechische Kunst der 1960er Jahre / Tschechische Gegenwartskunst), sowie in die selbständige Sammlung zur Architektur. Das Profil dieses Bestandes konzentriert sich vor allem auf die regionale Architektur vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart mit einem qualitativen Schwergewicht auf den regionalen Äußerungen der Architektur der Moderne, namentlich des Funktionalismus.
Im Rahmen der Region und in einigen Fällen auch im Kontext der gesamten tschechischen Kunst spielt eine wichtige Rolle die Kollektion der regionalen Kunst des 19. und 20.  Jahrhunderts. Schwerpunkt der dieser Sammlung ist die Kunst des 19. bis zum 1. Drittel des 20. Jahrhunderts. Aus diesem historischen Zeitraum lassen sich geschlossene und außerordentlich wertvolle Kollektionen zusammenstellen, vor allem eine Kollektion von Zeichnung und Malerei des 19. Jahrhunderts, eine Kollektion der Kunst der Jahrhundertwende und eine Kollektion der Kunst der tschechischen Moderne der Vor- und Zwischenkriegszeit. Das Kleinod des zuletzt genannten Zeitraums ist die Sammlung zum tschechischen Kubismus.