Aviatik in der tschechischen visuellen Kultur 1783–1957

16/07/2021 bis 16/01/2022
Ausstellungssaal Masné krámy
Autor: 
Eva Bendová
Kurátor: 
Eva Skořepová

„Von der Natur mit einem Flügel besonders bedacht, hat sich der Mensch daraus die Idee gebildet, zum Fliegen bestimmt zu sein, woran er zugrunde geht.“ Dieses Zitat stammt vom schweizerischen Maler Paul Klee, dessen Werk und Leben mit dem Fliegen eng verbunden waren. Das Fliegen wird in der modernen Kunst neben der Technik, dem technischen Fortschritt in vielfältiger Form dargestellt, oder sogar dagegen gestellt. Die symbolischen Bedeutungen des „Sich-Erhebens“, die damit verbundene Poetik, Maschinenästhetik,  das Abenteuer, die veränderte Wahrnehmung  der Realität dank der „Sicht aus der Vogelperspektive“ sowie der Blick „in den Himmel“, das alles sind Phänomene, mit denen das Fliegen in das Leben des Menschen und der Gesellschaft gebracht wurde.

Im Rahmen der Ausstellung wird die Projektion des Phänomens der Aviatik in der tschechischen visuellen Kultur in den Jahren 1783 bis 1957 gezeigt. Die Jahre, von dem ersten Flug des Luftballons bis zum Start des ersten künstlichen Erdsatelits, Sputnik, in den Weltraum, stellen eine symbolische geschichtliche Abgrenzung des modernen Fliegens und seiner poetischen technischen, symbolischen Verwandlungen dar.

Die Grundlage der Ausstellung bildet das Forschungsprojekt der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, mit dem sich Eva Bendová und Ondřej Váša beschäftigten und im dessen Rahmen eine Publikation entstand. Im Unterschied zum Buch zeigt die Ausstellung durch eine markante visuelle Form die mit der Aviatik verbundenen Phänomene im breitesten Bereich „der hohen“ Kunst sowie des populären Bildes. Im Rahmen der Ausstellung wird auf die tschechischen bzw. tschechoslowakischen Spezifika im internationalen Kontext fokussiert. Die Ausstellung kann natürlich nicht auf die Hinweise auf die Werke vor allem der französischen und italienischen Provenienz, d. h. aus den Herkunftsländern der Aviatik verzichten, von denen der mitteleuropäische Raum beeinflusst wurde. Dieser hat jedoch eigene bedeutende Spezifika. Der Zuschauer wird von den Bildern der frühen Aviatik in böhmischen Ländern in der Form von Illustrationen der Luftballonflüge oder Abenteuerromane sowie von Werken der utopischen bis traumartigen Betrachtung umgeben, die noch in den 1950er Jahren im Film (Bořivoj Zeman) oder in der Malerei (Kamil Lhoták) eingesetzt wurde. Durch den Fortschritt, den die Entwicklung des Motorflugs brachte, wurden die avantgardistische Kunst sowie Architektur weltweit beeinflusst. Die Entwicklung der Aviatik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts brachte einerseits eine reiche bis romantische Poetik, andererseits zugleich die Wahrnehmung des Flugzeugs als einer Maschine mit zerstörerischer Kraft der fatalen Destruktion mit. In der avantgardistischen Kunst brachte die Aviatik neue Blickwinkel in der Weltanschauung in der Form der „Vogelperspektive“ oder umgekehrt: in der Form des Blicks in den unendlichen Weltraum.

Ein imaginärer Punkt am Ende der Geschichte des Fliegens, des Flugs, Falls und der „Eroberung des Himmels“ wird durch die Erkundung des Weltraums gesetzt, die im Jahre 1957 durch den Start der Sonde Sputnik anfing. Dieses Thema bildet auch den imaginären Punkt am Schluss der Ausstellung.